Atelier Ines Rosemarie Geister
Atelier Ines Rosemarie Geister

Hommage an einen Corsa



Artikel aus der Juni 2004 Ausgabe des Vierländer Boten


Jugendwehr der Freiwilligen Feuerwehr Altengamme

Die andere Art, Leben zu retten


Altengamme (ig) - Es ging alles ganz schnell. Erst kam ein Anruf. Ein kurzes Gespräch. „Ja, kannst Du haben, schenke ich euch. Wann kommt ihr?“ Und schon am nächsten Tag wurde er abgeholt. Der Opel, der schon seit zwei Jahren einsam auf dem Parkplatz des Grundstücks stand. Verlassen, traurig und ohne TÜV. Wie viele Reisen hatten wir mit ihm unternommen? Was hatten wir nicht alles mit ihm erlebt. Und jetzt das. Ein wenig wehmütig wurde uns schon ums Herz, als der Hänger vorfuhr, mit dem unser Auto abtransportiert werden sollte. Auch ein „es ist doch nur ein altes Auto“ half nicht wirklich.

Aber wir wollten uns wenigstens ansehen, was „sie“ mit ihm machen würden. Sie, dass sind die Mitglieder der Jugendwehr der Freiwilligen Feuerwehr aus Altengamme. Als wir wenig später am Borghorster Hauptdeich ankamen, stand er schon da. Wir stiegen aus und näherten uns von hinten. Eigentlich sieht der doch noch ganz gut aus. Aber dann sahen wir, dass die Fahrertür bereits zerbeult war. „Das ist, damit die die Tür nachher nicht so einfach aufkriegen“, wurde uns sogleich gesagt. „Und auch die Motorhaube kriegen die nicht auf. Wir haben den Bowdenzug rausgenommen.“ Der große Schreck kam, als wir ihn von vorne sahen. Die Motorhaube war zerbeult und die Scheinwerfer fehlten, genauso wie der Kühlergrill. Das ist also das Ende eines treuen „Weggefährten“.

Dann kamen sie mit einem Lösch- und einem Rüstfahrzeug. Mit Eifer waren selbst die Kleinsten dabei, dem Corsa die Luft aus den Reifen zu lassen und den Wagen mittels eines Hydraulikhebers hochzuheben, um ihn anschließend auf Holzklötzen aufliegen zu lassen, die Scheiben rauszunehmen, die Gummidichtungen abzureißen, die Scheibenwischer zu verbiegen und abzubrechen, genauso wie die Spiegel rechts und links. Als das Dach mit einer wuchtigen Hydrauklikschere abgeschnitten und hochgeklappt war, hatten wir genug gesehen.

Auf dem Weg nach Hause trösteten wir uns mit dem Gedanken, dass er wenigstens nicht „lieblos“ in der Schrottpresse gelandet war, sondern einem guten Zweck dienen konnte. Nämlich dem, Leben zu retten. Dass die Menschen, die es sich zur Aufgabe machen, anderen Menschen in Notsituationen zu helfen, lernen können, wie eine verletzte Person aus einem Auto geborgen werden kann.

© Ines Geister 2004